Weltweit verfolgen rund 500 Millionen Menschen Esports-Turniere per Livestream oder im Fernsehen und bieten damit Marken eine leistungsstarke Plattform für Sponsoring und die Platzierung von Werbebotschaften. Das zweite internationale Webinar auf gemeinsame Initiative von IAA UK, IAA Switzerland und IAA Austria beleuchtete das große Feld des Esports aus unterschiedlichen Blickwinkeln, vor allem aber im Hinblick auf seine Einsatzmöglichkeit in der MarCom-Industrie.

webInAAr mit internationaler Hochbesetzung

Moderiert wurde das hochinteressante WebInAAr von Fredrik Borestrom, IAA Präsident UK und Leiter von Agencies International bei LinkedIn. Claire Blackwood aus Frankreich (International Account Director hurrah.agency, esports Vermarktungsagentur), Robbie Douek aus Großbritannien (CEO BLAST, esports Turnierveranstalter), Marco Harfmann aus Österreich (Director Transformation & Marketing Communications A1) sowie Nate Lindberg (RVP Sponsorship Twitch, Live-StreamingVideoportal) diskutierten angeregt und unter aktiver Beteiligung der rund 100 Webinarteilnehmer.

Kann Exports den traditionellen Sport ersetzen?

Gerade in Krisenzeiten ist die Welt des traditionellen Sports eine willkommene Abwechslung und Ablenkung, aber was tun, wenn aufgrund von COVID-19 Absage auf Absage erfolgt, Turniere, Ligen und sogar die olympischen Spiele verschoben werden? Kann Esports hier Ersatz bieten? Es scheint sich um ein unaufhaltsames Phänomen mit einem enormen Marketingpotential – gerade, aber nicht nur – für eine junge Zielgruppe zu handeln. Die Popularität von Esports wächst jedenfalls mit extrem hoher Geschwindigkeit und mit einem bemerkenswerten Detail am Rande: fast ein Drittel der Teilnehmer sind Frauen, Tendenz steigend. Die Spieler und Zuseher kommen aus der ganzen Welt, Esports funktioniert sowohl on- als auch offline, lockt zehntausende Fans in die Stadien, kann aber – so wie derzeit – sofort auf rein digital umgestellt werden.

Esports bietet Marken ein grossen Potential

„Ich nenne Esports die weltgrößte Marketingnische und sehe hier sehr großes Potential für Marken, die sich engagieren wollen. Allerdings braucht es eine besonders gute und starke Strategie, es muss eine wirkliche Leidenschaft zwischen Sponsor, Spielern und Zuschauern spürbar sein, denn Esportler haben ein ganz feines Gefühl, ob es jemand ernst meint oder nicht. Idealerweise beginnt man mit kleinen Aktionen und verstärkt im Laufe der Zeit sein Engagement und wächst so in die Sache hinein.“

Claire Blackwood, Hurrah.Agency

„Authentizität ist extrem wichtig. Wir von A1 waren bereits vor Jahren daran interessiert Esports zu sponsern, weil wir erkannt haben, dass hier eine Zielgruppe erreicht werden kann, die über „normale“ Mediachannels kaum anzusprechen ist. In Ermangelung einer österreichischen Esports-Szene, die wir hätten sponsern können, haben wir uns entschieden, eine eigene League aufzubauen. Wir haben uns als A1-Brand stark zurückgenommen und den Focus auf esports gelegt, um hier Fuß zu fassen. Mittlerweile zählen bekannte Brands wie McDonalds, die z.B. hier ihr neues Lieferservice bekannt gemacht haben oder Mercedes zu unseren Sponsoringpartnern. Engagement ist der Schlüssel zum Erfolg, nur einfach ein Logo zu platzieren ist zu wenig, dazu ist die Community zu gut vernetzt.“

Marco Harfmann, A1 Telekom Austria

Wird Esports von der Zielgruppe als Sport wahrgenommen?

Die Experten sind sich einig, dass es sich bei Esports- Athleten in guter physischer und psychischer Verfassung sein müssen, um diese Tournaments durchzuhalten. „In Esports gibt es weder eine Geschlechtertrennung noch irgendwelche Altersklassen, hier wird Gleichberechtigung tatsächlich gelebt und wie immer ist es eine Frage der richtigen Balance. Wer Extremsport betreibt, tut seiner Gesundheit auch nicht wirklich etwas Gutes und wer den ganzen Tag am Computer spielt, ebenfalls nicht“, sagt Nate Lindberg. Marco Harfmann ergänzt: „Responsible Gambling ist wichtig. Esports fördert den Teamgeist und die Konzentration, man muss sich in kürzester Zeit auf neue Situationen und Menschen einstellen, Fähigkeiten, die auch im Berufsleben von immenser Bedeutung sind.“ 

Welche Zielgruppen können erreicht werden? 

Aufgrund der Covid-19-bedingten vermehrten In-house-Zeit interessieren und engagieren sich mittlerweile auch ältere Zielgruppen im esports und damit öffnet sich das Tor noch weiter für einen Einsatz in der MarCom-Industrie.

„Auch wenn die Zielgruppen sehr anspruchsvoll sind, eine Marke muss sich nicht verbiegen, um sich in Esports zu etablieren. Wichtig ist, dass man mit den richtigen Partnern zusammenarbeitet und es sich nicht um eine One-off-Aktion handelt, denn die Community sucht verlässliche Langzeitpartner.“

Nate Lindberg, Twitch

„Momentan tut sich sehr viel, auch wenn keine physischen Events möglich sind, kann es gelingen tolle Erfahrungen auch rein online zu machen. Das Publikum kommt aus der ganzen Welt – ganz massiv ist die Beteiligung in China und Russland, gefolgt von Europa. Das bedeutet natürlich extrem viel Organisation und starke Investitionen in die Technik. Esports ist Entertainment und für Marken und Medien ist die Situation in diesem Umfeld nach wie vor sehr gut – für Veranstalter fallen nur die Ticketeinnahmen weg.

Robbie Douek, BLAST

Esports hat im Marketingmix an Bedeutung gewonnen

„Es ist tatsächlich ein sehr skeptisches Publikum, eine völlig neue Customer-Generation, eine, die sich auch sehr gut an die Coronakrise anpassen kann. War der Einsatz von Esports im Marketingmix bis jetzt ein „nice to have“, hat es nun ungemein an Bedeutung gewonnen. Die Leute wollen – wenn sie sich schon in der richtigen Welt nicht messen oder Wettkämpfen zuschauen können – dies zumindest online tun. Im Esports gibt es genau wie beim traditionellen Sport Amateure und Profis. Allerdings wollen die, die sich z.B. die Champions-League im Fernsehen ansehen, nicht dasselbe im Esport sehen, da liegt das Interesse dann eher bei Phantasie-Leagues, eine Korrelation sehen wir hier nicht“, sagt Nate Lindberg.

Covid-19 hat sozusagen den Reset-Knopf gedrückt, es gibt einen Wechsel in der Dynamik, eine Disruption. Die, die sich schnell anpassen können, sind eindeutig im Vorteil.